Wir alle konsumieren jeden Tag die unterschiedlichsten Produkte. Von Smartphones, über Lebensmittel, bis hin zum Klopapier. Dabei spülen wir oft viel Geld in die Kassen von nur wenigen Großkonzernen. Für solch einen Konsumgütergiganten ist es natürlich sehr sinnvoll, sich möglichst breit aufzustellen und für jede Alltagssituation ein Markenprodukt im Sortiment zu haben.
Um eine saubere Wohnung zu haben, sollte man hin und wieder auf Putzmitteln zurückgreifen. Wäsche muss frisch gewaschen werden, Toiletten verkalken schnell und das Geschirr sollte auch glänzen. Als Jugendlicher hat man vielleicht mit Akne zu kämpfen. Später kommt die erste Liebe und man steht eventuell vor der Frage: “Kinder – ja oder nein?” Egal, wie man sich entscheidet, Reckitt Benckiser hat sowohl Kondome als auch Babynahrung im Angebot. Und wenn man irgendwann mal alt und gebrechlich wird, gibt es sogar noch Schmerztabletten. Der Deutsch-Brite ist also optimal aufgestellt – doch warum läuft die Aktie nicht so wie gewünscht?
Im Jahr 1818 gründete Isaac Reckitt mit seinem Bruder Thomas ein eigenes Mühlenunternehmen in Boston (Ost-England). Sie bauten windbetriebene Mühlen und erweiterten später ihr Geschäft um die Zementherstellung. Im Jahr 1833 verließ Isaac jedoch das Unternehmen, um ins Mais-Geschäft einzusteigen. Dies scheiterte allerdings, sodass Reckitt 1840 eine Stärkefabrik in Hull anmietete. Unter seiner Führung stellte die Fabrik lösliche Stärke sowohl aus Mehl als auch aus Sago her. Nach seinem Tod ging die Unternehmensleitung an seine 3 Söhne und die Firma wurde in Reckitt and Sons umbenannt. In den 1850ern konzentrierte sich das Unternehmen auf die Herstellung von Waschblau, einem Färbemittel mit dem weiße Klamotten nicht vergilbten. 1857 stieg man zusätzlich ins Gebäck-Geschäft ein und schon bald wurden eigene Keks- und Reisstärkefabriken aufgebaut. Im Jahr 1888 wurde Reckitt and Sons zu einer öffentlichen Aktiengesellschaft – mit diesem Ereignis startete man radikal zu expandieren. 1938 fusionierte man mit seinem größten Wettbewerber auf dem Stärkemarkt J & J Colman. Jeremiah Colman begann 1814 damit, in einer Wassermühle in der Nähe von Norwich Senf und Mehl zu mahlen. Gemeinsam unter dem neuem Namen Reckitt & Colman Ltd. tätigte man einige Übernahmen. Darunter auch die bekannten Marken Air Wick und Carpet Fresh.
Aber nochmal zurück zum Jahr 1823, als in Pforzheim der Unternehmer Johann Adam Benckiser sein Chmiekaliengeschäft gründete. Hauptsächlich stellte er in seiner Fabrik Ammoniak und Salzsäure her. Im Jahr 1828 trat der Chemiker Ludwig Reimann ins Unternehmen ein und heiratete sogar später die Tochter von Benckiser. Als Benckiser 1851 verstarb, wurde Reimann zum Geschäftsinhaber – zu dieser Zeit stellte man größtenteils Wein-, Zitronen- und Genusssäure her. 1854 knüpfte man die erste Geschäftsbeziehung mit Jeremiah Colman, der seine Wäschestärke nach Deutschland lieferte. Zu dieser Zeit konnte noch niemand ahnen, dass man knapp 150 Jahre später gemeinsam fusionieren wird …
Reimann’s Nachkommen trieben das Unternehmenswachstum enorm an. Ab dem Jahr 1956 entwickelte Benckiser einige Haushalts- und Industriereiniger. Bekannte Marken wie Calgon, Calgonit, Clearasil und Sagrotan wurden etabliert. Außerdem kaufte sich Benckiser bei dem amerikanischen Kosmetikhersteller Coty Inc. ein. Es folgten Markenprodukte wie Vanish und Cillit Bang. Erst 1997 folgte der Schritt an die Börse. 2 Jahre später fusionierte man mit seinem langjährigem Geschäftspartner Reckitt & Colman und schlussendlich war Reckitt Benckiser entstanden.
Was kann man in Zukunft bei Reckitt Benckiser erwarten?
Die Aktie von Reckitt Benckiser lief in den letzten Jahren eher schlecht als recht. Ein Cyber-Angriff machte dem Konzern ordentlich zu schaffen. Man hatte logistische Lieferschwierigkeiten und man musste sich mit einer Klage vom US-Justizministerium herumärgern. Und was macht der Vorstand dagegen? Man wird in Zukunft versuchen, noch mehr in Schwellenländern Fuß zu fassen. Künftig sollen stolze 40% des Umsatzes aus Entwicklungsländern kommen. Vor allem China wird hier als größter Markt neben den USA angesehen. Um sich hier besser aufzustellen, hat man 2017 den Babynahrungshersteller Mead Johnson für 16,6 Milliarden US-Dollar aufgekauft. In Schwellenländern werden bekanntlich mehr Kinder geboren, als in unseren entwickelten Ländern.
Zusätzlich hat der Konzern ein Umstrukturierungsprogramm gestartet. Man möchte die Hygiene- und Reinigungssparte und die Gesundheitssparte klar voneinander trennen, sodass sich beide besser und schneller weiterentwickeln können. Zu diesem Zweck hat man auch seine Nahrungsmittelsparte verkauft. Es wird hier ganz klar der Fokus auf seine 20 Powerbrands gelegt – diese sorgen schließlich für 80% des Gesamtumsatzes. Pareto lässt grüßen. Zu guter Letzt wird ab 1. September ein neuer Vorstand sein Amt antreten. Der gebürtige Inder Laxman Narasimhan war zuvor der Lateinamerika-Chef von PepsioCo. und soll nun Reckitt Benckiser wieder auf die Erfolgsspur verhelfen.
Wie steht es um die Dividende?
Eine Gewinnbeteiligung erhalten Aktionäre bereits seit 1988 (damals noch von Reckitt & Colman). Seit 2003 wird die Dividende sogar jährlich angehoben, somit darf man sich zum Dividendenadel zählen. In den letzten 10 Jahren wurde die Ausschüttung um rund 12% pro Jahr angehoben. Das finde ich durchaus ordentlich. Die aktuelle Dividendenrendite beträgt 2,8% und die Ausschüttungsquote solide 55%. Somit bleibt noch genug Geld in der Kasse für Krisenjahre.
Fazit:
Reckitt Benckiser stellt Produkte her, über die man zwangsläufig im Supermarktregal stolpern wird. Auch wenn die Aktie in den letzten Jahren nicht sonderlich gut gelaufen ist, so denke ich trotzdem, dass der Konzern sehr gut für die Zukunft aufgestellt ist. Sicher werden Anleger, die schon länger bei RB investiert sind, eher zurückhaltend sein – ein Nachkauf oder gar ein Neueinstieg können sich hier aber sicher langfristig lohnen.
Der Hintergrund
Als ich im Jahr 2018 DividendeOhneEnde startete, suchte ich nach einem Weg schnell und einfach ein Bewertungssystem in meinen Unternehmensvorstellungen zu integrieren. Entstanden ist eine Herzchen-Skala, die abgesehen von einigen Kennzahlen hauptsächlich auf meinem Bauchgefühl beruhte.
Das Problem
Ohne Frage, das eigene Bauchgefühl kann täuschen. Aber auch die Vergleichbarkeit zwischen den Aktien hat unter dem alten Bewertungssystem gelitten. Zu guter Letzt war meine alte Herzchen-Skala eine Momentaufnahme zum Zeitpunkt des Artikelschreibens.
Die Lösung
Ich habe mir intensiv Gedanken gemacht und lange nach einer Lösung gesucht. Mit meinem heutigen datenbasiertem Berechnungssystem kann ich fortlaufend alle meine Aktien im Blick behalten. Dies macht den DividendeOhneEnde-Score vergleichbar, zumal die Daten regelmäßig aktualisiert werden.