Gerade als langfristig orientierter Investor ist es essenziell notwendig, sein Aktiendepot breit aufzustellen. Immer wieder gehen Unternehmen bankrott – blindes Buy & Hold gemischt mit einer geringen Diversifikation ergibt eine tödliche Kombination. Wer Buy & Hold als Strategie wählt, sollte sich meiner Meinung nach mindestens einmal im Jahr mit seinen Investitionen befassen und schauen, ob noch alles gut läuft. Wer das ganze outsourcen und einfach nur vom Erfolg eines Index, wie dem S&P 500, profitieren will, kann dies natürlich auch wunderbar mit einem ETF tun.
Im heutigen Artikel möchte ich mich aber nur bedingt mit ETFs beschäftigen. An dieser Stelle erwähne ich gerne noch mal meinen Leitsatz: “Geh mit offenen Augen durch die Welt und du wirst überall tolle Investitionsmöglichkeiten finden.” Schauen wir also mal hinter die Kulissen und widmen uns dem Herausgeber des S&P 500 und schauen uns deren lukratives Geschäftsmodell etwas genauer an.
Die Geschichte der S&P Global Inc. findet ihren Ursprung im Jahr 1812 als Henry Varnum Poor geboren wurde. Als Erster seiner Familie schloss er im Jahr 1835 seine College-Ausbildung ab und begann in der Anwaltskanzlei seines Onkels zu arbeiten. Wenig später eröffnete er zusammen mit seinem Bruder John eine eigene Kanzlei. Die beiden investierten ihre Ersparnisse in die aufstrebende Holzindustrie und konnten auf diese Weise ein solides Vermögen aufbauen. John, der ein interessierter Eisenbahnmagnat war, kaufte im Jahr 1849 das American Railroad Journal und übergab Henry die Leitung des Unternehmens. An dieser Stelle müssen wir einen kleinen Exkurs machen: Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war der landesweite Ausbau der Eisenbahnschienennetze im vollen Gange. Dieses Vorhaben erforderte einen enorm hohen finanziellen Bedarf, den Banken allein nicht decken konnten. Viele Kredite reichten schlichtweg nicht aus und einige Banken wollten sich erst gar nicht an diesem hochriskanten Geschäft beteiligen – nicht selten endeten Investitionen in einem Totalverlust. Henry erkannte den dringenden Bedarf und brachte deshalb im Jahr 1860 das Magazin “History of Railroads and Canals in the United States” auf den Markt, in dem er umfassende Informationen über den finanziellen und betrieblichen Zustand aller amerikanischen Eisenbahngesellschaften zusammentrug. Die Nachfrage war so groß, dass er kurzerhand entschied, mit seinem Sohn Henry William die H.V. and H.W. Poor Company zu gründen und von nun an jährlich eine aktualisierte Version des Magazins herauszubringen.
Mit seinem Unternehmen legte Henry den Grundstein der heutigen Ratingagenturen. Investoren konnten sich dank seinen Informationen ein deutlich besseres Bild über die Eisenbahngesellschaften verschaffen und auf diese Weise rationalere Investitionsentscheidungen treffen. Mit dem Ziel, verschiedene Finanzinformationen über Nicht-Eisenbahnunternehmen bereitzustellen, gründete Luther Lee Blake im Jahr 1906 das Standard Statistics Bureau. Er entschied sich gegen ein jährlich erscheinendes Buch und setzte stattdessen auf ein handliches Karteikartensystem, das er häufiger aktualisieren konnte. Das Geschäft lief hervorragend und Luther konnte sein Unternehmen fortlaufend ausbauen. So veröffentlichte er ab dem Jahr 1923 wöchentlich einen Index, bestehend aus 233 Aktienwerten. Als man sich im Jahr 1941 mit der Poor Co. zusammenschloss, um die Standard & Poor’s Corporation zu gründen, verzeichnete der Index bereits 416 Unternehmen. Schließlich wurde am 4. März 1957 der S&P 500 veröffentlicht, der die 500 größten amerikanischen börsennotierten Unternehmen abbildete.
Bevor wir nun zur heutigen S&P Global Inc. kommen, müssen wir noch mal einen kleinen Zeitsprung ins Jahr 1885 machen. Damals opferte der Lehrer James McGraw seine Ersparnisse, um Teilhaber des “American Journal of Railway Appliances” Fachmagazins zu werden. Er kaufte sich noch einige weitere Magazine und gründete 1899 The McGraw Publishing Company. Auch John Hill gab mehrere technische Fachpublikationen heraus und gründete 1902 sein eigenes Unternehmen The Hill Publishing Company. Im Jahr 1909 fusionierten die beiden und die The McGraw-Hill Book Company entstand. Nach und nach konzentrierte man sich auf verschiedene Lehr- und Schulbücher. Um sich breiter zu positionieren, kaufte man 1966 das Ratinghaus Standard & Poor’s. Erst im Jahr 2011 spaltete man das Verlagswesen ab und fokussiert sich seitdem vollständig auf die Bereitstellung von Finanzinformationen. 2016 änderte man seinen Namen zu S&P Global Inc. und ist heute in vier Geschäftsfeldern tätig: das normale Ratinggeschäft (S&P Global Ratings), Benchmark-Preisbewertung von Rohstoffmärkten (S&P Global Platts), Echtzeitdaten und Analysen für Institutionen (S&P Global Market Intelligence) und Indexberechnungen (S&P Dow Jones Indices).
Wie wird das Geschäft der S&P Global zukünftig laufen?
Wir leben schon in verrückten Zeiten. Die einen Unternehmen kämpfen ums überleben, die anderen machen gerade das Geschäft des Jahrhunderts. Allein was wir dieses Jahr schon an der Börse erleben durften, schreibt Geschichte: erst der rasante Coronacrash, der ebenso in Rekordzeit wieder vorüber war, dann sehen wir zum ersten Mal der Börsenhistorie einen negativen Futurekurs und erleben auch noch das Sterben eines DAX-Hoffnungsträgers. Verrückt!
S&P Global kann sich selbstverständlich zu den Gewinnern der Krise zählen. Während der COVID-19-Pandemie wandten sich viele Investoren an den Anleihemarkt, um sich dort Liquidität zu beschaffen. Auch die Zentralbank kaufte alle möglichen Unternehmensanleihen auf, um für Marktliquidität zu sorgen. Und wer liefert die notwendigen Daten, Finanzinformationen, Analysen und Ratings? Natürlich die S&P Global, die mit allen seinen vier Geschäftssegmenten ein solides Wachstum an den Tag legen konnte. Zeitgleich ist es dem Finanzdienstleister gelungen seine Kosten zu senken – was auch damit zu tun hat, dass über 99% aller Mitarbeiter immer noch im Homeoffice arbeiten. Insgesamt erwirtschaftete das Unternehmen im zweiten Quartal 2020 einen Umsatz von 1.943 Millionen US-Dollar, was einem Anstieg von 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal entspricht.
Werfen wir noch schnell einen Blick auf das Ratinggeschäft im Allgemeinen. Insgesamt kann man sagen, dass es nur 3 große Ratingargenturen gibt: S&P Global und Moody’s mit einem Marktanteil von jeweils knapp 40 Prozent und Fitch mit einem Anteil von knapp 20 Prozent. Aufgrund vieler Regularien sind die Eintrittsbarrieren für neue Konkurrenten extrem hoch, was einen gewissen Burggrabeneffekt verursacht. Mit diesem Segment erwirtschaftet S&P Global rund die Hälfte seiner Einnahmen und ist damit auch deutlich breiter aufgestellt, als seine beiden Hauptkonkurrenten. Zweitgrößter Umsatzbringer ist der Bereich Market Intelligence, der Daten, Tools und Forschungsarbeiten auf Abonnementbasis liefert. Ebenso wie auch das Segment Platt’s, das Preise und Analysen für Rohstoffmärkte liefert. Abschließend verzeichnet S&P Global mit seinem Indexgeschäft noch rund 14% der Einnahmen.
Ich bin sehr zuversichtlich, dass der Finanzdatenmogul auch in Zukunft ein solides und wachstumsstarkes Geschäft verzeichnen wird. Schließlich wächst man aus eigener Kraft, wie auch durch passende und zukunftsfähige Geschäftsübernahmen. Künstliche Intelligenz und hochmoderne Algorithmen spielen hier eine übergeordnete Rolle.
Und wie sieht es mit der Dividende aus?
Bereits seit dem Jahr 1937 beteiligt man seine Aktionäre am Unternehmensgewinn. Seit 1973 schaffte man es zudem seine Dividende jährlich anzuheben – so liegt die Dividendensteigerungsrate der letzten 10 Jahre bei 11,2 Prozent, betrachtet auf 5 Jahre liegt dieser Wert sogar bei über 16 Prozent. Bei solch einem tollen Wachstum lässt sich auch die geringe Dividendenrendite von 0,7 Prozent verkraften. Auch in Sachen Ausschüttungsquote kann der Dividendenaristokrat überzeugen: Gerade mal 24,3 Prozent des Gewinns wird ausgeschüttet – es bleibt also genug Geld im Unternehmen, um auch zukünftig zu wachsen.
Fazit:
Ganz zu Beginn stellte ich mir die Frage: Ist die S&P Global Inc. besser als der S&P 500? Betrachtet auf eine 20-Jahres-Spanne liegt die Performance des Index bei knapp 130% und die der S&P Global bei sagenhaften 1075%. Hierbei habe ich wohlgemerkt die Dividenden außer Acht gelassen. Ich denke, dieses Ergebnis spricht für sich.
Der Hintergrund
Als ich im Jahr 2018 DividendeOhneEnde startete, suchte ich nach einem Weg schnell und einfach ein Bewertungssystem in meinen Unternehmensvorstellungen zu integrieren. Entstanden ist eine Herzchen-Skala, die abgesehen von einigen Kennzahlen hauptsächlich auf meinem Bauchgefühl beruhte.
Das Problem
Ohne Frage, das eigene Bauchgefühl kann täuschen. Aber auch die Vergleichbarkeit zwischen den Aktien hat unter dem alten Bewertungssystem gelitten. Zu guter Letzt war meine alte Herzchen-Skala eine Momentaufnahme zum Zeitpunkt des Artikelschreibens.
Die Lösung
Ich habe mir intensiv Gedanken gemacht und lange nach einer Lösung gesucht. Mit meinem heutigen datenbasiertem Berechnungssystem kann ich fortlaufend alle meine Aktien im Blick behalten. Dies macht den DividendeOhneEnde-Score vergleichbar, zumal die Daten regelmäßig aktualisiert werden.