Bevor ich mich entscheide, in eine Aktie zu investieren, beschäftige ich mich ausgiebig mit den Gründern und der Unternehmensentstehungsgeschichte. Ich bin der festen Überzeugung, dass mir das dabei hilft, das Unternehmen und deren Geschäftsmodell besser verstehen zu können. Außerdem hilft es mir dabei, in Unternehmen zu investieren und nicht in irgendwelche Wertpapiere – und genau das hilft mir wiederum in Krisenzeiten ruhig und besonnen zu bleiben.
Auch heute habe ich wieder eine interessante Entstehungshistorie mit einem ebenso bemerkenswerten Gründungsvater im Gepäck. Die Rede ist von Robert A. Kierlin, der einst als “The cheapest CEO in America” galt und den Industrievertriebskonzern Fastenal aufbaute. Obwohl er auf ein riesiges Vermögen blicken kann, lebt er total bodenständig und spendet den Großteil seines Geldes. Woher diese Einstellung zu Geld kam und wie er mit Schrauben, Muttern und Nägeln ein internationales Milliarden-Geschäft aufbaute, schauen wir uns im Folgenden an.
Robert “Bob” A. Kierlin wurde am 1. Juni 1939 in Winona, Minnesota geboren. Er war das jüngste von 5 Kindern und wurde schon früh zur Sparsamkeit erzogen. So erinnerte er sich, dass seine Familie nie auswärts essen war und sehr sorgfältig mit ihren Ausgaben umging. Die Kierlins verreisten auch nie, stattdessen spielten die Kinder im örtlichen Park. Bobs Vater Edmund betrieb einen Autobedarfladen, in dem er bereits im Alter von 7 Jahren aushalf und unter anderem die Böden des Kleinteilelagers sauber fegte. Mit 11 Jahren assistierte er seinem Vater hinter der Theke. Damals bekam er mit, dass Kunden häufig nach speziellen Befestigungselementen, wie Schrauben und Muttern suchten. Hatten sie die geforderten Teile nicht auf Lager, schickten sie ihre Kunden regelmäßig in andere Eisenwarengeschäfte und umgekehrt. In vielen Fällen wurden diese dort ebenfalls nicht fündig und die Teile mussten in einer Sonderbestellung angefertigt werden, was natürlich eine lange Wartezeit verursachte. Nach und nach reifte in Bob der Gedanke, später mal einen eigenen Laden mit all den verschiedenen Befestigungsteilen zu eröffnen.
Nach seinem Highschool-Abschluss studierte Bob Maschinenbau an der University of Minnesota und nahm anschließend eine Stelle bei IBM an. Dort arbeitete er für 10 Jahre als Finanzanalyst. Er war sehr gut in seinem Job und sollte sogar eine internationale Stelle antreten. Doch als er das Vorstellungsgespräch aufgrund eines verspäteten Fluges verpasste und die Beförderung somit nicht bekam, erinnerte er sich an seinen Kindheitstraum. Kurzerhand schloss er sich mit seinem IBM-Kollegen Jack Remick und seinen ehemaligen Highschool-Freunden Michael Gostomski, Dan McConnon und Steve Slaggie zusammen, um gemeinsam einen Laden für alle möglichen Befestigungsmittel zu eröffnen. Die 5 Geschäftspartner stellten das Startkapital von 30.000 Dollar und mieteten ihren ersten Standort. Da nicht alle mit dem Namen Lightning Bolts einverstanden waren, entschied man sich letztendlich für Fastenal (“fasten all kind of things” zu Deutsch: alle möglichen Dinge befestigen).
Da die Gründer zu diesem Zeitpunkt noch Vollzeit arbeiteten, planten sie ihre Geschäftsstrategie am Wochenende. Man einigte sich darauf, ein Geschäft für Endverbraucher zu eröffnen, in dem man Schrauben und Muttern in allen möglichen Anfertigungen erwerben konnte. Gesagt, getan eröffnete man im Jahr 1967 in Winona die Türen der ersten Fastenal-Filiale. Allerdings lief das Geschäft sehr schleppend. Die Verkaufszahlen waren miserabel und auch eine zweite Filiale in der Nachbarortschaft änderte nichts an diesem Zustand. Langsam realisierten sie, dass ihre Strategie gescheitert war. Der Endverbraucher war nicht die passende Zielgruppe des Unternehmens, es waren Industrie- und Bauunternehmen, die einen hohen Bedarf an präzisen Verbindungselementen hatten. Auf der Suche nach geeigneten Teilen gerieten regelmäßig deren Produktionen ins Stocken. Fortan fokussierte sich die Fastenal Company auf gewerbliche Kunden und wurde damit sehr erfolgreich.
Heute verkauft das Unternehmen seine Produkte in über 3.200 Geschäftsstellen, das sind sowohl öffentliche Läden als auch Vor-Ort-Geschäfte bei Großkunden. Genau diese Kundennähe mit dem abgestimmten Sortiment sorgt für das starke Wachstum. Fastenal weitete zudem sein Produktportfolio erheblich aus. So vertreibt man heute nicht nur Befestigungsmittel, sondern alle Arten von Industriebedarfen (Werkzeuge, elektrische Geräte, Sicherheitsausrüstung uvm.).
Wie schätze ich die Zukunftsaussichten von Fastenal ein?
Werfen wir zuerst einen Blick auf die zuletzt veröffentlichten Zahlen des 2. Quartals 2020. Dort können wir sehen, dass Fastenal seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal um stolze 10,3 Prozent steigern konnte. Das lag unter anderem an den starken Absätzen im Sicherheitssegment. Insgesamt erwirtschaftete der Konzern über 1,5 Mrd. US-Dollar und konnte hiermit einen Gewinn von 671 Millionen US-Dollar realisieren (Steigerung von 4,7% gegenüber Q2 2019). Sehr interessant fand ich auch die Statistik, die sich mit den normalen Geschäftsstellen und den sogenannten Onsites (Individueller Shop im Kundenstandort) befasste. Hier sehen wir seit dem Jahr 2014 einen kontinuierlichen Abbau der öffentlichen Läden und im gleichen Zeitraum einen massiven Anstieg der Onsites. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung betrieb Fastenal noch 2.060 Läden und bereits 1.212 Onsites. Außerdem hat das Unternehmen noch über 105.000 Verkaufsautomaten in Betrieb. Hier können sich Mitarbeiter nach Bedarf beispielsweise Sicherheitshandschuhe, Werkzeuge oder verschiedene Arbeitsmittel schnell und einfach beschaffen.
Die Onsites und auch die vielen Verkaufsautomaten sorgen für eine besonders gute Kundenbindung, was man durchaus als kleinen Burggrabeneffekt deuten kann. Zufriedene Kunden, die bereits eigene Fastenal-Shops im Gebäude haben, werden nicht so schnell den Anbieter wechseln. Außerdem werden sie versuchen, ihre verschiedenen Bedarfe über Fastenal zu beziehen. Ebenfalls kann man beobachten, dass Fastenal mit seiner neuen Strategie seine Margen steigern konnte. Die Netto-Marge liegt hier bei soliden 15 Prozent.
Aber wo geht die Reise langfristig hin?
Fakt ist, dass der Markt und auch der Bedarf riesig sind. Das Unternehmen schätzt allein die heimische Nachfrage nach seinen Produkten auf mehr als 140 Mrd. US-Dollar jährlich. Davon hat Fastenal momentan nur ein kleines Stück vom Kuchen – Wachstumspotenzial ist also definitiv vorhanden. Das Management hat außerdem zwei weitere Themen ganz oben auf der Agenda: Ausbau des E-Commerce-Geschäfts und das Thema Globalisierung und Expansion in weitere Länder. Momentan ist Fastenal in 25 Ländern vertreten, hier ist also auch noch Luft nach oben.
Welche Risiken gibt es?
Zum einen muss man sagen, dass das Geschäft von Fastenal definitiv konjunkturanfällig ist. Geht es mit der Wirtschaft mal nach unten, wird man das auch zu spüren bekommen. Allerdings zeigte man schon in früheren Krisen, dass man gut gewappnet war und meist sogar gestärkt aus der Krise hervorging. Ein weiteres Risiko ist natürlich die steigende Automation. Wenn immer mehr Arbeitsschritte von Robotern übernommen werden, benötigt man weniger Mitarbeiter, was wiederum einen geringeren Absatz von Fastenal nach sich ziehen würde. Zu guter Letzt muss man auch zugeben, dass die Teile, die Fastenal herstellt, meist nicht wirklich kompliziert sind – bedeutet, dass man sie leicht kopieren kann. Langfristig könnten beispielsweise auch 3D-Drucker zum Einsatz kommen.
Alles in allem bin ich aber der festen Überzeugung, dass sich Fastenal den aktuellen Risiken mehr als bewusst ist und schon intensiv an Lösungen arbeitet. Man zeigte schon öfter, dass man sich neuen Gegebenheiten schnell anpassen und so auch als langfristiger Partner der Industrie erfolgreich sein kann.
Und wie steht es um die Dividende?
Fastenal begann im Jahr 1991 damit, seine Aktionäre am Unternehmenserfolg in Form von Gewinnausschüttungen zu beteiligen. Bis ins Jahr 1998 fanden nur 2 Dividendenerhöhungen statt, ab 1999 ist es dem Industriehändler aber gelungen ein vorbildliches Dividendenwachstum an den Tag zu legen. Die Dividendensteigerungsrate betrachtet auf den letzten 10 Jahren liegt bei 12,75 Prozent – Tendenz steigend. Auch die aktuelle Dividendenrendite mit 2,2 Prozent kann sich sehen lassen. Einzig die Ausschüttungsquote finde ich mit 66,9 Prozent etwas hoch – man muss aber sagen, dass Fastenal ein etabliertes und investitionsarmes Geschäftsmodell hat.
Fazit:
Bob Kierlin baute mit seinen Kollegen ein sehr erfolgreiches Industriehandelsunternehmen auf. Mit seinen Onsites und den vielen Verkaufsautomaten ist Fastenal bereits heute sehr gut aufgestellt – nichtsdestotrotz bietet das Unternehmen hohe Wachstumschancen. Für langfristig orientierte Dividendeninvestoren sicher ein gefundenes Fressen.
Der Hintergrund
Als ich im Jahr 2018 DividendeOhneEnde startete, suchte ich nach einem Weg schnell und einfach ein Bewertungssystem in meinen Unternehmensvorstellungen zu integrieren. Entstanden ist eine Herzchen-Skala, die abgesehen von einigen Kennzahlen hauptsächlich auf meinem Bauchgefühl beruhte.
Das Problem
Ohne Frage, das eigene Bauchgefühl kann täuschen. Aber auch die Vergleichbarkeit zwischen den Aktien hat unter dem alten Bewertungssystem gelitten. Zu guter Letzt war meine alte Herzchen-Skala eine Momentaufnahme zum Zeitpunkt des Artikelschreibens.
Die Lösung
Ich habe mir intensiv Gedanken gemacht und lange nach einer Lösung gesucht. Mit meinem heutigen datenbasiertem Berechnungssystem kann ich fortlaufend alle meine Aktien im Blick behalten. Dies macht den DividendeOhneEnde-Score vergleichbar, zumal die Daten regelmäßig aktualisiert werden.
Sehr gut, ein weiteres Unternehmen kennst du nun. Allerdings ist es keine gute Idee, blind alle meine vorgestellten Aktien nachzukaufen. Wie würde ich also ein vernünftiges Dividenden-Depot zusammenstellen? Welche verschiedenen Handelsansätze kann man verfolgen? Und ganz wichtig, wie kann man seine eigene Depotperformance tracken?
Zu diesem Theme machte ich mir sehr viele Gedanken und habe lange daran getüftelt. Stolz darf ich meinen Depotplaner mit 5 verschiedene Musterdepots präsentieren. Insgesamt werden 60 Aktien vorgestellt, die langfristig sowohl im Kurs, als auch in der Dividende steigen. Abgesehen davon gebe ich mit meinem Depot-Tracker ein geniales Tool mit an die Hand, um die eigene Performance noch besser im Auge zu behalten.
4 Responses
Ich finde deine Firmenporträts klasse. Vielen Dank für die grosse Mühe.
Gruss AlKi
Hallo AlKi,
vielen Dank für dein Feedback.
Ich freue mich immer sehr über solche Nachrichten 🙂
Liebe Grüße
Benedikt
Vielen Dank für die interessante Analyse 🙂
Gerne doch, vielen Dank für dein Feedback 🙂
Liebe Grüße