Die Zukunft gehört den Spezialisten, nicht den Generalisten. Wer von allem nur ein wenig kann, wird es vermutlich auf dem Arbeitsmarkt deutlich schwerer haben, als derjenige, der der absolute Experte auf seinem Fachgebiet ist. Warum sollte das an der Börse anders sein? Viele Konsumgütergiganten, die jahrzehntelang die verschiedensten Marken aufgekauft haben, stellten fest, dass es sinnvoller ist, sich auf eine Handvoll selektierter Marken zu konzentrieren. Auch im Einzelhandel erkannte man, dass es Unternehmen deutlich schwerer haben, die alles Mögliche anbieten und sich mit starken Online-Konkurrenten herumärgern müssen.
Die Tractor Supply Company hat sich bewusst dafür entschieden, sich auf eine spezifische Zielgruppe zu konzentrieren und diese bestmöglich zu bedienen. Die Strategie geht auf und das Unternehmen kann sich über ein sehr starkes Umsatzwachstum freuen. Ist die Aktie vielleicht auch für Dividendeninvestoren geeignet?
Die Gründungsgeschichte der ländlichen Einzelhandelskette Tractor Supply Company findet ihren Ursprung am 5. Juni 1912, als Charles Schmidt geboren wurde. Ironischerweise wuchs er in der Großstadt Chicago auf und verbrachte keinen einzigen Tag auf einer Farm. Als junger Erwachsener studierte er an der University of Chicago und absolvierte seine Abschlussprüfung im Fachgebiet der Wirtschaftswissenschaften in Alter von gerade mal 20 Jahren. Ungünstigerweise erschütterte zu dieser Zeit die Große Depression das ganze Land und Charles fand keine passende Anstellung für seine Qualifikation. Um Geld zu verdienen, musste er schließlich im Börsenmaklerhaus Shields & Co. als Bodenfeger anfangen zu arbeiten. Immer wieder spielte er mit dem Gedanken, sich selbstständig zu machen, doch erst knapp 6 Jahre später im Jahr 1938 kam ihm die zündende Idee. Er wollte einen Postversandhandel für Traktoren-Ersatzteile ins Leben rufen, um sparsamen Landwirten eine kostengünstigere Alternative anbieten zu können. Waren deren Traktoren damals defekt, mussten sie die teuren Preise der wenigen Ersatzteilhändler oder die Wartungskosten der Hersteller zahlen. Am Esstisch entwickelte Charles einen 24-seitigen Katalog mit rund 2.000 Produkten, versendete diesen an zahlreiche Farmer und gründete die Tractor Supply Company.
Schnell zeigte sich der einschlagende Erfolg seiner Geschäftsidee – bereits im ersten Jahr erzielte er einen stolzen Umsatz von 50.000 Dollar. Im zweiten Geschäftsjahr nutzte er seinen Gewinn und investierte ihn in die Eröffnung seines ersten Einzelhandelsgeschäfts im ländlichen Minot (North Dakota). Hier konnte er sein Geschäft besser ausbauen und seine potenziellen Kunden gezielter ansprechen. Das Geschäft lief blendend und er konnte weitere Geschäftsstellen eröffnen. Zu dieser Zeit waren etwa 90 Prozent seiner Kunden hauptberufliche Landwirte. Das änderte sich allerdings in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Viele Farmer mussten damals ihre Jobs aufgeben, da sie in Industriekonzernen schlichtweg mehr verdienen konnten. Dass dieser wichtige Kundenstamm der Tractor Supply Company nun in Großstädte zog, machte sich rasch auch in den Umsatzzahlen des Einzelhändlers bemerkbar. Kurzerhand entschied man sich, seinen Kunden zu folgen und eröffnete neue Filialen am Stadtrand. Dieser Schritt ging auch mit einer Namensänderung einher: Nun nannte man sich abgekürzt TSC – Town, Suburb & Country.
Mehr oder weniger konnte sich Tractor Supply, die nun auch verschiedene Alltagsgegenstände anboten, über Wasser halten. Im Jahr 1967 begann man in Kanada erste internationale Niederlassungen aufzubauen. Doch als zwei Jahre später National Industries die Mehrheitsbeteiligung von Charles Schmidt aufkaufte, geriet das Unternehmen noch mehr in Schwierigkeiten. Plötzlich gab es fünf verschiedene Geschäftsführer, man hatte keine klare Vision mehr und auch die Kunden wussten nicht so recht, was sie nun bei TSC kaufen konnten. Das ganze Schlamassel führte schließlich dazu, dass man im Jahr 1980 einen herben Verlust von 13 Millionen Dollar hinnehmen musste. Glücklicherweise ist es einigen Führungskräften gelungen, die Überhand zurückzugewinnen und man begann sich auf seine alte Stärke zu konzentrieren. Man richtete erneut seinen Fokus auf Landwirte und Hobbygärtner und versuchte diese in ländlich eingerichteten Geschäften bestmöglich anzusprechen. Seitdem konnte sich die Tractor Supply Company wunderbar entwickeln. Inzwischen bedient man seine Kunden in mehr als 1.933 Filialen, einem stark wachsendem Online-Shop, sowie seit Kurzem auch über eine eigene App.
Wie steht es um die Zukunft der Tractor Supply Company?
Nun, schaut man sich die zuletzt veröffentlichten Zahlen des vierten Quartals 2020 (endete am 26. Dezember 2020) an, so stellt man fest, dass es der Tractor Supply Company momentan richtig gut geht. Während 2020 viele Unternehmen zu kämpfen hatten, verzeichnete der Einzelhändler, der seine Kunden mit verschiedenen landwirtschaftlichen Geräten, sowie Haustier- und Nutztierfutter versorgt, ein absolutes Rekordjahr. Der Umsatz stieg im vierten Quartal um 31,3 Prozent auf nun 2,88 Milliarden US-Dollar gegenüber dem Vorjahresquartal. Vor allem die Umsätze im E-Commerce-Segment verzeichneten drei Quartale in Folge ein unglaubliches Wachstum im dreistelligen Prozentbereich. Den Gewinn konnte man um 34,2 Prozent von 741,8 Millionen US-Dollar im Q4 2019 auf 995,5 Millionen US-Dollar im Q4 2020 steigern. Man nutzte die Gelegenheit und erhöhte seine Quartalsdividende um 30 Prozent. Kein Wunder also, dass auch die Aktie im vergangenen Jahr ordentlich zulegen konnte.
Kürzlich gab das Unternehmen bekannt, dass man eine Übernahmevereinbarung mit Orscheln Farm & Home (einem Landwirtschaft-Einzelhändler mit 167 Geschäftsstellen) einging. Diese Akquisition kostete etwa 297 Millionen US-Dollar und soll sich dank Synergieeffekte schnell bemerkbar machen. Tractor Supply möchte durch die Übernahme seine Präsenz im Mittleren Westen weiter ausbauen und sich dort noch besser positionieren. Ich bin zuversichtlich, dass man auch in Zukunft weiterwachsen und solide Zahlen liefern kann.
Und wie sieht es mit der Dividende aus?
Eine lange Zeit verwendete die Tractor Supply Company ihre Unternehmensgewinne ausschließlich für das eigene Wachstum. Erst im Jahr 2010 hat man damit begonnen, eine Gewinnbeteiligung in Form von Dividenden an seine Aktionäre auszuschütten. Seitdem ist es dem Einzelhändler auch gelungen, die Dividende von Jahr zu Jahr zu steigern. Wie auch schon bei Intuit letzte Woche, macht hier der Betrachtungszeitraum von 5 Jahren mehr Sinn. In dieser Zeit lag die durchschnittliche Dividendensteigerungsrate bei ordentlichen 17,6 Prozent. Die momentane Dividendenrendite liegt zwar nur bei 1,0 Prozent, die geringe Ausschüttungsquote von gerade mal 26 Prozent lässt aber auch noch viel Potenzial nach oben zu.
Fazit:
Die Tractor Supply Company ging in ihrer Unternehmensgeschichte durch dick und dünn und musste auf die harte Tour lernen, dass man seinen Kundenfokus niemals verlieren sollte. Seitdem läuft es für den Einzelhändler ausgesprochen gut und auch Investoren dürften mit der Aktie im Depot langfristig glücklich werden.
Der Hintergrund
Als ich im Jahr 2018 DividendeOhneEnde startete, suchte ich nach einem Weg schnell und einfach ein Bewertungssystem in meinen Unternehmensvorstellungen zu integrieren. Entstanden ist eine Herzchen-Skala, die abgesehen von einigen Kennzahlen hauptsächlich auf meinem Bauchgefühl beruhte.
Das Problem
Ohne Frage, das eigene Bauchgefühl kann täuschen. Aber auch die Vergleichbarkeit zwischen den Aktien hat unter dem alten Bewertungssystem gelitten. Zu guter Letzt war meine alte Herzchen-Skala eine Momentaufnahme zum Zeitpunkt des Artikelschreibens.
Die Lösung
Ich habe mir intensiv Gedanken gemacht und lange nach einer Lösung gesucht. Mit meinem heutigen datenbasiertem Berechnungssystem kann ich fortlaufend alle meine Aktien im Blick behalten. Dies macht den DividendeOhneEnde-Score vergleichbar, zumal die Daten regelmäßig aktualisiert werden.