Lasst uns eine kleine Zeitreise machen: Wir schreiben den 24. Januar 1848. Der Emigrant James W. Marshall findet das erste Goldnugget (damaliger Wert 5 Dollar) beim Bau einer Sägemühle in der Nähe von Sacramento. Trotz des Versuchs sein Glück geheim zu halten, veröffentlicht ein Zeitungsverleger einen Artikel über Marshalls Fund und löst damit den großen kalifornischen Goldrausch aus. Innerhalb eines Jahres kamen 80.000 Menschen, um nach ihrem Glück zu graben. Natürlich waren nicht alle erfolgreich und brachen ihre Suche enttäuscht wieder ab.
Machen wir nun ein kleines Gedankenexperiment: Als Investoren hätten wir damals in 2 Parteien unser Geld stecken können – in die Goldgräber selbst oder in die Verkäufer von Goldgräberausrüstung. Natürlich hätten wir mit etwas Glück einen findigen Burschen erwischen können, doch viel mehr Erfolg hätten wir vermutlich mit dem Schaufelverkäufer. Warum sollten wir heute anders handeln?
Die Thermo Fisher Scientific Inc. entstand aus dem Zusammenschluss der Thermo Electron Corporation und der Fisher Scientific International Inc. im Jahr 2006. Werfen wir nun zuerst einen Blick auf die Entstehung der deutlich älteren Fisher Scientific. Am 10. August 1881 wurde Chester Garfield Fisher geboren. Er studierte an der Universität von Pittsburgh Maschinenbau und erkannte dabei recht schnell den Bedarf eines Unternehmens, das wissenschaftliche Werkzeuge für die unterschiedlichen Industriezweige der Stadt, insbesondere für die aufblühende Stahlbranche, liefern würde. Er war gerade mal 19 Jahre alt, als er dem Unternehmen Pittsburgh Testing Laboratory einen Lagerraum mit Laborbedarf abkaufte. Da er allerdings noch zu jung war, um selbst eine Finanzierung zu erhalten, unterzeichneten Freunde der Familie die Papiere. Mit 21 Jahren wurde ihm schließlich alles überschrieben und der junge Ingenieur konnte seine Scientific Materials Company gründen.
Das Unternehmen war die erste kommerzielle Quelle für Gerätschaften und Reagenzien für Laboratorien in der gesamten Region. Zu dieser Zeit standen nur sehr wenige Geräte zu Verfügung und die meisten Chemiker mussten sich bei ihren Analysen hauptsächlich auf ihre Augen verlassen. Fisher, der nun Produkte wie Mikroskope, Büretten, Pipetten, Lackmus, Farbmessgeräte und auch Waagen lieferte, ermöglichte den Forschern eine deutlich bessere und genauere visuelle Analyse. Sein Geschäft lief blenden und Fisher konnte stets weitere Produkte in sein Sortiment mit aufnehmen. 1904 veröffentlichte er erstmals einen 400 Seiten umfassenden Katalog mit allerlei Laborzubehör, Seziersets und anatomischen Modellen. Als ihm im Ersten Weltkrieg die Lieferkette zu seinen europäischen Herstellern abgeschnitten wurde, baute er kurzerhand selbst seine ersten eigenen Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionsstätten auf. Zur Freude seiner Kunden konnte er die Qualität und die Innovation seiner Produkte deutlich verbessern. Um sich von seinen gleich klingenden Konkurrenten abzuheben, änderte Fisher im Jahr 1926, nach der Übernahme von Scientific Supplies Limited, seinen Firmennamen in Fisher Scientific Company.
Schauen wir uns nun kurz die Gründungsgeschichte der Thermo Electron Corporation an. Am 7. Januar 1927 wurde George Nicholas Hatsopoulos in einem Vorort von Athen geboren. Als die Nazis im Zweiten Weltkrieg in Griechenland einmarschierten, war er 14 Jahre alt. Zu dieser Zeit entwickelte er sein Interesse an der Elektronik. Er baute heimlich Radios so um, sodass man alliierte Frequenzen empfangen konnte. Eine illegale Praxis, die ihn ins Konzentrationslager hätte bringen können. Er verkaufte seine Geräte an den griechischen Untergrund. Nach dem Krieg war für Hatsopoulos klar, dass er Elektrotechnik studieren möchte. Als er realisierte, dass er in Athen nichts mehr lernen konnte, zog er nach Cambridge, um am Massachusetts Institute of Technology zu studieren. Dort lernte er die Thermodynamik kennen und erkannte schnell das Potenzial, das in ihr schlummerte. Noch während seines Studiums handelte er ein Darlehen in Höhe von 50.000$ aus, um die Thermo Electron Corporation zu gründen.
In der Anfangszeit war das Unternehmen noch in einer Garage angesiedelt, wo Hatsopoulos ungestört forschen konnte. Später stellte er seinen Bruder John ein, der sich um alle finanziellen Angelegenheiten kümmern sollte. Der junge Tüftler konzentrierte sich auf die Thermodynamik, der Umwandlung von Wärme in Elektrizität ohne Hilfe beweglicher Teile. Inspiriert von seinen visionären Forschungsergebnissen beschlossen rund 30 weitere namhafte Konzerne den Einstieg in die Thermodynamik – darunter auch Giganten wie General Electric und General Dynamics. Auch die Thermo Electron Corp. konnte sich über die Jahre hinweg toll entwickeln. Im Jahr 2006 kam es schließlich zur Fusion mit der Fisher Scientific Company. Gemeinsam als Thermo Fisher Scientific tätigte man mehrere kluge Geschäftsübernahmen und ist nun in den Bereichen Laborzubehör, Verbrauchsmaterialien, sowie Diagnosesoftware und Forschungsdienstleistungen für die Gesundheitsbranche bestens aufgestellt.
Wie wird sich Thermo Fisher Scientific in Zukunft schlagen?
Ich bin mir sicher, dass sich Thermo Fisher Scientific auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wunderbar entwickeln kann. Neben Danaher und Abbott Laboratories gibt es kaum ein Unternehmen, das Thermo Fisher auch nur annähernd das Wasser reichen kann. Man baute sich über die Jahre hinweg einen nahezu unüberwindbaren Burggraben auf. So ist man, auch dank der zahlreichen Akquisen (momentan läuft die Übernahme des deutschen Biotechunternehmen Qiagen), heute in fast allen Bereichen der wissenschaftlichen Arbeit bestens vertreten und kann hier auch fortlaufend massiv investieren.
Nicht nur Biotech und andere Pharma-Unternehmen zählen zu den Kunden von Thermo Fisher, sondern auch Universitäten und staatliche Forschungseinrichtungen. Die Mitarbeiter dieser Einrichtungen kennen und nutzen seit vielen Jahren Produkte aus dem Hause Thermo Fisher. Genauer gesagt ist man mit seinen Hauptmarken Thermo Scientific, Applied Biosystems, Invitrogen, Fisher Scientific, Unity Lab Services und vielen weiteren vertreten. Ein Wechsel hin zu einem anderen Hersteller wäre somit auch mit Personalschulungskosten verbunden. Abgesehen davon, gibt es kaum einen Grund für einen Wechsel. Kunden sind bei Thermo Fisher glücklich und bleiben dem Unternehmen langfristig treu.
Mit steigendem Wohlstand in vielen Entwicklungsländern wird sich auch die medizinische Versorgung in diesen Regionen verbessern. So wird es früher oder später auch dort eigene innovative Forschungseinrichtungen und Laboratorien geben, die mit Thermo Fisher Scientific Gerätschaften und Verbrauchsmaterialien ausgestattet sind. Steigender Wohlstand geht auch oft mit einem höheren Lebensstandart einher – heißt, dass Menschen älter werden. Und alte Menschen benötigen in der Regel mehrere medizinische Therapien und Behandlungen, was also wieder Geld in die Kassen von Thermo Fisher spült.
Und wie siehts mit der Dividende aus?
Nun, man muss ganz klar zugeben, dass Thermo Fisher Scientific den Hauptfokus im Moment ganz klar auf Wachstum und definitiv NICHT auf die Dividende legt. Eine sehr lange Zeit in der Unternehmensgeschichte schüttete man von daher überhaupt keine Dividende an seine Aktionäre aus. Erst seit 2012 wird sie quartalsweise gezahlt, wenn auch in keinem großen Umfang. Die aktuelle Dividendenrendite liegt bei mickrigen 0,2 Prozent – dafür ist aber auch die Ausschüttungsquote mit 9 Prozent ebenfalls extrem gering. Ich bin mir sicher, dass auch hier irgendwann der Tag kommen wird, an dem man anfängt, mehr an seine Investoren auszuschütten.
Fazit:
Der nach eigenen Angaben “weltweit größte Lieferant für wissenschaftliche Anwendungen” Thermo Fisher Scientific konnte sich in der Vergangenheit wunderbar entwickeln. Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, dass man auch eine ebenso erfolgreiche Zukunft vor sich hat. Wer sein Geld langfristig investieren möchte, ist hier gut bedient. Wer hingegen reiner Dividendeninvestor ist, wird vermutlich lukrativere Anlagemöglichkeiten finden.
Der Hintergrund
Als ich im Jahr 2018 DividendeOhneEnde startete, suchte ich nach einem Weg schnell und einfach ein Bewertungssystem in meinen Unternehmensvorstellungen zu integrieren. Entstanden ist eine Herzchen-Skala, die abgesehen von einigen Kennzahlen hauptsächlich auf meinem Bauchgefühl beruhte.
Das Problem
Ohne Frage, das eigene Bauchgefühl kann täuschen. Aber auch die Vergleichbarkeit zwischen den Aktien hat unter dem alten Bewertungssystem gelitten. Zu guter Letzt war meine alte Herzchen-Skala eine Momentaufnahme zum Zeitpunkt des Artikelschreibens.
Die Lösung
Ich habe mir intensiv Gedanken gemacht und lange nach einer Lösung gesucht. Mit meinem heutigen datenbasiertem Berechnungssystem kann ich fortlaufend alle meine Aktien im Blick behalten. Dies macht den DividendeOhneEnde-Score vergleichbar, zumal die Daten regelmäßig aktualisiert werden.