Anfang September 2011 begann ich meine Ausbildung bei der Deutschen Bahn in München. Etwa zu dieser Zeit dürfte ich das erste Mal in Kontakt mit Dichtstoffen des Schweizer Herstellers Sika gekommen sein. Gegen Ende 2011 kaufte ich dann meine ersten eigenen Aktien, allerdings nicht von Sika, sondern von Coca-Cola und ExxonMobil. Beide Aktien erfüllten zwar ihren Zweck – so eine Performance wie der Spezialchemiekonzern Sika konnten aber beide nicht mal annähern hinlegen. Über 1.100 Prozent konnte die Aktie seitdem zulegen. Eine ebenso ordentliche Rendite hätte ich mit dem deutschen Softwarehaus Atoss erzielen können – mit deren Zeiterfassungstool ich ab 2015 arbeitete.
Tja, vergangenen Chancen sollte man nicht hinterhertrauern. Ich kann es also nur wiederholen: Geht mit offenen Augen durch die Welt und ihr werdet überall tolle Investitionsmöglichkeiten finden. Aus diesem Grund schauen wir uns heute mal an, ob sich ein Investment in Sika nach wie vor lohnen könnte.
Die Entstehungsgeschichte des heutigen Chemiekonzerns findet ihren Ursprung im Jahr 1872, als Kaspar Winkler im voralbergischen Thüringen, einer kleinen Gemeinde in Österreich, geboren wurde. Dort wuchs er mit seinen sieben Geschwistern in bescheidenen Verhältnissen auf. Wie es damals üblich war, schickte man seine Kinder schon früh zur Arbeit, um Geld für die Familie zu verdienen. So wurde Kaspar mit neun Jahren zu einem Bauern geschickt, bei dem er als Viehhirte arbeitete. Die Arbeit war hart und gefährlich – einmal kam es zu einem Unfall, ihm geriet etwas ins Auge und er musste fortan mit einem Glasauge leben. Etwas später absolvierte er eine Gipserlehre in Bregenz und sammelte erste Erfahrungen in der Baubranche. Im Alter von 17 Jahren wanderte er nach Zürich aus, einer Stadt, die sich mitten in einer starken Wachstumsphase befand. Fleißige Arbeiter wie Kaspar wurden überall gesucht. Durch sein Talent und seine Wissbegier arbeitete er sich rasch zum Baustellenleiter empor und wurde im Jahr 1895 Geschäftsleiter eines Granitsteinbruchs im südschweizerischen Tessin.
Etwa zur Jahrtausendwende kehrte Kaspar zurück nach Zürich, wagte den Schritt in die Selbstständigkeit und gründete seine erste Firma mit dem Namen Kaspar Winkler Granitgeschäft. Er experimentierte mit verschiedenen Bauchemikalien und entwickelte ein Produkt zur Reinigung von Granitsteinen. Das Geschäft entwickelte sich leider nur sehr zäh und bereits nach 3 Jahren beendete er es. Während er sich wieder bei den Schweizerischen Granitwerken anstellen ließ, tüftelte er nebenbei ununterbrochen weiter an neuen Produkten. Er stellte zu dieser Zeit bereits einen eigenen Chemiker ein, der ihn unterstützte. Gemeinsam experimentierten sie mit Silizium- und Kalium-Mischungen und entwickelten daraus einen Zusatzstoff, der beim Anmischen von Mörtel und Beton untergerührt wurde. Dieses neue Mittel bot wirksamen Wasser- und Feuchtigkeitsschutz. Erneut gründete er ein Unternehmen, diesmal mit dem Namen Kaspar Winkler & Co. und begann sein Produkt, das er SIKA-1 nannte, zu vermarkten. Bedauerlicherweise wurde auch dieses Produkt kein schneller Erfolg. In den Anfangsjahren schrieb sein Unternehmen nur rote Zahlen. Auch der Beginn des Ersten Weltkriegs sorgte für erhebliche Probleme, da sich die Rohstoffpreise stark verteuerten. Dennoch war Kaspar von seinem Produkt überzeugt und die auch Kunden, die sein Mittel bereits verwendeten, waren glücklich.
Erst mit einem Großauftrag der Schweizerischen Bundesbahnen kam der Durchbruch. Diese mussten in den Jahren 1918 bis 1922 insgesamt 67 Tunnel auf der Gotthardstrecke zwischen Luzern und Chiasso mit einer Gesamtfläche von 59.000 m² Gewölbe neu verputzen und wasserdicht machen. Die bestehenden Tunnel tropften aus allen Löchern – bei Dampflokomotiven spielte das keine große Rolle, bei der bevorstehenden Elektrifizierung des Bahnbetriebs allerdings schon. Nach einigen Tests entschied man sich für drei Produkte der SIKA-Reihe und das Auftragsvolumen von sagenhaften 450.000 Schweizer Franken befeuerte das Wachstum des jungen Unternehmens. Neben dem Geld, das man zweifellose gut gebrauchen konnte, kurbelte vor allem die gute Referenz der Eisenbahn die Nachfrage erheblich an. Außerdem änderte man aufgrund des Produkterfolgs nun auch den Firmennamen in Sika. Es folgten erste Niederlassungen im Ausland und eine stetige Erweiterung der Angebotspalette. Heute ist die Sika AG aus der Chemiebranche nicht mehr wegzudenken. Hauptsächlich kümmert man sich um Produkte und Systeme zum Kleben, Dichten, Dämpfen, Verstärken und Schützen, die in der Bau- und Fahrzeugindustrie eingesetzt werden. Insgesamt beschäftigt man 25.000 Mitarbeiter in über 300 Fabriken in 100 Ländern der Welt.
Wie kann sich die Sika AG in Zukunft weiterentwickeln?
Zunächst möchte ich noch mal kurz das Geschäftsmodell des Bauchemikalienprofis zusammenfassen. Die Sika AG ist weltweit mit seinen Tochtergesellschaften vertreten und bedient einen wachsenden Kundenstamm aus der Bau-, Fahrzeug- und Fertigungsindustrie. Wie schon oben beschrieben, entwickelt, produziert und vertreibt Sika Chemikalien zum Abdichten, Kleben, Dämpfen, Schützen und Verstärken. Sika wird für seine hohe Qualität und seine zuverlässigen, innovativen, nachhaltigen und langlebigen Lösungen geschätzt. Neben der Dachmarke Sika verfügt man über knapp 1.000 weitere Sika-Produktmarken, wie SikaBond, Sikaflex, Sarnafil, Schönox oder Pulastic.
Keine Frage, spannend klingt das Geschäftsmodell nicht gerade, dafür ist es aber hochprofitabel. Angesichts dessen werfen wir nun einen Blick auf die Daten des zuletzt veröffentlichten Finanzberichts (Halbjahresbericht 2021). Der Gesamtumsatz in Zeitraum von Anfang Januar bis Ende Juni 2021 lag bei 4,4 Milliarden Schweizer Franken. Das sind 23,5 Prozent mehr, also noch im Vorjahresvergleich. Aufgrund effizienzsteigernder Maßnahmen und zusätzlicher Synergieeffekte bei einigen Akquisitionen, konnte Sika seinen Betriebsgewinn um rekordverdächtige 67,2 Prozent auf nun 685,9 Millionen Schweizer Franken steigern. Je Aktie entspricht dies einem unverwässerten Gewinn von 3,49 CHF – im Vorjahreshalbjahr waren es noch 1,94 CHF. Kein Wunder also, dass die Aktie so gestiegen ist …
Um auch in Zukunft weiter wachsen zu können, investiert Sika eine Menge Geld in Forschung und Innovation. Weltweit arbeiten rund 1.100 Mitarbeiter tagtäglich nur an diesem Ziel. Da ist es auch kein Wunder, dass alleine seit 2015 ganze 508 neue Patente angemeldet wurden. Einen besonderen Augenmerk legt man hier auf nachhaltige Produktlösungen, die helfen, den CO₂-Fußabdruck zu reduzieren. Außerdem ist Sika führend im Bereich der 3D-Betondrucktechnologie – einem Markt, der zukünftig noch ordentliches Wachstumspotenzial bieten dürfte.
Abgesehen von Innovationen möchte Sika auch weiterhin durch sinnvolle Unternehmensakquisen wachsen. Alleine in diesem Jahr meldete man sieben Übernahmen an. Das ermöglicht es, sich neue Vertriebskanäle, komplementäre Technologien und verbesserte Marktzugänge zu sichern. Keine Frage, eine Akquisition birgt stets auch die Gefahr, dass man sich übernimmt und in Unkosten stürzt – dennoch bin ich zuversichtlich, dass Sika sein Handwerk bestens versteht und man genau weiß, was man tut. Alles in allem bin ich sehr optimistisch, was die Zukunft des Spezialchemiekonzerns angeht.
Wie steht es um die Dividende?
Seit dem Börsengang im Jahr 2000 beteiligt das Chemieunternehmen Sika seine Aktionäre am Unternehmensgewinn in Form von Dividenden. Allerdings konnte man die Dividende nicht in jedem Jahr steigern. 2011 musste man die Dividende sogar leicht kürzen. Seitdem ist es dem Konzern aber gelungen, die Gewinnausschüttung Jahr für Jahr anzuheben. Tatsächlich legt man hier ein ordentliches Tempo vor – die durchschnittliche Dividendensteigerungsrate der letzten 10 Jahre beträgt 13,5 Prozent – betrachtet auf den letzten 5 Jahren sogar 15,6 Prozent. Bei solchen Werten kann man auch die momentane Dividendenrendite in Höhe von 0,8 Prozent leicht akzeptieren. Zu guter Letzt signalisiert auch die Ausschüttungsquote in Höhe von 38,0 Prozent grünes Licht für zukünftige Dividendensteigerungen.
Fazit:
Mit Spezialchemikalien kennt sich der Schweizer Konzern Sika zweifelsohne bestens aus. In vielen Bereichen zählt man zu den Top-Marktführern der Branche. Ich bin sehr zuversichtlich, dass Sika auch in Zukunft seine Kunden und seine Aktionäre glücklich machen wird – weshalb ich es langfristig orientierten Anlegern nur empfehlen kann, sich diese Aktie mal etwas genauer anzusehen.
Der Hintergrund
Als ich im Jahr 2018 DividendeOhneEnde startete, suchte ich nach einem Weg schnell und einfach ein Bewertungssystem in meinen Unternehmensvorstellungen zu integrieren. Entstanden ist eine Herzchen-Skala, die abgesehen von einigen Kennzahlen hauptsächlich auf meinem Bauchgefühl beruhte.
Das Problem
Ohne Frage, das eigene Bauchgefühl kann täuschen. Aber auch die Vergleichbarkeit zwischen den Aktien hat unter dem alten Bewertungssystem gelitten. Zu guter Letzt war meine alte Herzchen-Skala eine Momentaufnahme zum Zeitpunkt des Artikelschreibens.
Die Lösung
Ich habe mir intensiv Gedanken gemacht und lange nach einer Lösung gesucht. Mit meinem heutigen datenbasiertem Berechnungssystem kann ich fortlaufend alle meine Aktien im Blick behalten. Dies macht den DividendeOhneEnde-Score vergleichbar, zumal die Daten regelmäßig aktualisiert werden.
2 Antworten
Schöne Vorstellung eines unbekannten Schweizer Champions, 10 Stk. im Depot, bin sehr zufrieden mit 33% seit November 2020.
Grüß dich Thomas 🙂
Freut mich, dass dir meine Vorstellung gefallen hat. Habe seit paar Tagen auch einige im Depot. Mal schauen, wie sie sich entwickeln…